Ein Werbeartikel reist um die Welt: Die Geschichte vom Quietscheentchen

Folgenden Artikel haben wir am Montag,26.11.07, in den Westfälischen Nachrichten gefunden.

 

Quietscheenten auf Weltreise

 

 

 

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28.800 Plastik-Entchen reisen über die Weltmeere.
(Foto: S. Hofschlaeger /
www.pixelio.de)



Kiel – Die Nacht vom 10. Januar 1992 war eine stürmische. Zu stürmisch für ein Frachtschiff, das auf dem Weg von Hongkong nach Seattle unterwegs war. Zwölf Container gehen südlich der Aleuten über Bord, einer von ihnen platzt auf. So beginnt für 28.800 Quietsche-Enten, Plastikschildkröten, -frösche und -biber mit der Aufschrift „The First Years“ eine Weltreise, die überhaupt nichts mit einem beschaulichen Leben in der Badewanne zu tun hat.

Die Tierchen treiben seitdem rund um den Globus: Die ersten tauchen ein knappes Jahr später in Sitka in Alaska auf, rund 19.000 von ihnen zieht es in den Süden: Sie landen in Hawaii, Indonesien und Südamerika. Der Rest macht die harte Tour.

Der Amerikaner Curtis Ebbesmeyer, der die Plastiktierchen beobachtet, glaubt, dass „vielleicht hundert“ von ihnen im Packeis durch die Beringstraße rund um den Nordpol, Nordamerika und Grönland Richtung Atlantik getrieben wurden. Dort wird ein Teil im Osten Nordamerikas an Land gespült, der Rest soll noch dieses Jahr in England und Irland landen. Nicht alle kommen heil ans Trockene.

Gerade die gelben Enten sind oft ausgebleicht, viele lösen sich unter der tropischen Sonne in ihre Bestandteile auf und versinken auf Nimmerwiedersehen in den Fluten. Fische, Vögel und andere Meerestiere fressen den Pseudo-Plankton und nehmen ihn in die Nahrungskette auf, sagt Ebbesmeyer. Die paar Enten sind da noch das kleinste Problem. „Der Müll, der weltweit in die Meere gekippt wird, vergiftet die Ozeane, deren Bewohner und schließlich auch uns“, beklagt er.

Professor Martin Visbeck vom Leibniz-Institut für Meereswissenschaften an der Universität Kiel beobachtet das Treiben um das „Zufallsexperiment“ mit einer gewissen Skepsis. „Durch sie bekommen wir plakativ vorgeführt, wie vernetzt die globalen Strömungen der Ozeane sind“, sagt er unserer Zeitung. Allerdings ist das den Forschern schon lange bekannt. Um handfeste und genauere Zahlen zu bekommen, messen sie die Strömungen mit fest verankerten Beobachtungssysteme und Treibsonden, die genauso getrieben sind wie die Quietscheenten, aber nicht so viel Aufmerksamkeit erregen. Dafür sind sie genauer – und können helfen zu prüfen, ob etwa die Kraft des Golfstroms wächst oder nicht. „Nur wissenschaftliche Methoden erlauben uns, harte Zahlen zu liefern“, sagt Visbeck. Anders als die Plastiktierchen. Deren wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn sei nur „äußerst gering“.
Westfälische Nachrichten, 26.11.2007